Montag, 2. April 2012

02.04.2012

2. April 2012 - Um was kümmern sich die Menschen hier?

Diesmal möchte ich, meine lieben Mitmenschen, ein Frage aufgreifen, die mir die liebe Dana von meiner Sendeorganisation, dem CGE Erfurt gestellt haben. Was beschäftigt die Menschen hier und was nicht? Was kommt mir da in den Sinn? Wie ist Zypern? Was ist Zypern?

Vielleicht haben sich viele von euch Zypern als einen gebeutelten Staat im Süden Europas umgrenzt von Krisengebieten vorgestellt, nur mäßig wohlhabend, oder gar ein „bisschen arm“. Das kommt daher, das die meisten von uns sich so gut wie nie mit Zypern beschäftigt haben, denn es ist ja weit weg und vielleicht hat man noch gehört, dass es geteilt ist, aber da hört es dann auch schon auf.

Nun gut. Zypern ist ein Land, in dem es, genauso wie in Deutschland auch, alle „Schichten“ gibt. Es gibt die ganz Reichen, die sich sogar ein Haus in Naturschutzgebieten bauen können, obwohl dort nicht mal auch nur an irgendeiner Stelle ein Mülleimer steht. Also die, die sich vielleicht eine 3000 Mann Hochzeit ohne Kredit leisten können. Dann gibt es noch die relativ wohlhabenden, zu erkennen an ihren Autos, den Plätzen, an denen sie leben (Stadtzentrum Nikosia, Strandgebiete) und natürlich daran, wie sie sich kleiden. Dann gibt es noch „die Mittelschicht“ und darunter noch die Geringverdiener, Einwanderer (vornehmlich Philippiner, Rumänen und Asiaten), die oft als Putzkräfte oder Hotelangestellte arbeiten und letztendlich auch jene, die in Armut leben. Erst kürzlich war ein Artikel in der Zeitung, in dem eine rührende Geschichte beschrieben war, wie ein Schuljunge mit einem Klassenkameraden sein Schulbrot sein über zwei Monaten teilte, bis die Lehrerin es merkte und die Geschichte dann irgendwie niedergeschrieben wurde. Die Eltern des einen Achtjährigen konnten für ihren Sohn wohl nicht einmal mehr Schulbrot zubereiten, so wenig Geld hatten sie. Als das sein Freund merkte und über die finanzielle Not aufgeklärt wurde, bat der seine Mutter, sein Schulbrot doch bitte in zwei Hälften zu teilen, weil das große Brot so unhandlich wäre. Und das ging dann eben längere Zeit so und zum Schluss gab es ein Lob von der Lehrerin über diesen Akt der Freundschaft und Nächstenliebe, der doch so ganz würdevoll von Statten ging. Als mir Maria aus der Küche erklärt hat, worum es ging, musste Anna, auch vom Altersheimpersonal, die mir immer sagt, wie lieb sie mich hat, anfangen zu weinen. Das hat mich sehr gerührt, mehr als die Geschichte von dem Jungen, der kein Schulbrot hat, die da so ganz unkommentiert und klein in der Ecke dieser großen Zeitung stand. Zyprioten können sehr viel, viel, genug, oder zu wenig Geld zum Leben haben, das ist wie bei uns auch, aber auch bei ihnen wird die Einkommensschere immer größer. Natürlich ist Zypern keine Weltwirtschaftsmacht, obwohl es einen Versuch wert wäre, ein Halloumi-Monopol einzuführen, aber immerhin haben sie genug Geld um in den Schulen Geld für die armen Griechen zu sammeln, genauer gesagt, für die Kinder in den Schulen, die sich kein Essen mehr leisten können oder direkt für Schulen, weil nicht mehr genug Geld da ist, um die Lehrer zu beschäftigen. Das geht den Zyprioten auch durch den Kopf.

Sie haben denselben Markenwahn (wenn manchmal nicht sogar noch schlimmer) wie viele in Deutschland und sie haben den Autowahn. Meine Griechischlehrerin hat mir erzählt, dass sie eine Zeit lang auf Arbeit, zum Gymnasium, mit dem Fahrrad gefahren ist, weil der Weg nicht so weit und die Kosten wesentlich geringer waren. In Griechenland soll das durchaus üblich sein, wie in Deutschland. Aber von ihren zypriotischen Kollegen oder Freunden wird sie wohl belächelt, weil auf Zypern meist nur Einwanderer, alte Leute, Jugendliche ohne Führerschein und Menschen vom unteren Rand der Mittelschicht mit Bus oder Fahrrad fahren. Daher auch die großen Umweltbelastungen durch Autoabgase.

In meinem Dorf wurde letzte Woche Geld gesammelt für einen Jungen von hier, die an einer schweren Herzerkrankung leidet und in Athen behandelt werden muss, weil er sonst stirbt. Seine Mutter aber, die alleinerziehend ist, kann diese Kosten nicht aufbringen, und so sind im ganzen Dorf Aktionszettel rumgegangen und Geld wurde gesammelt und jetzt hoffen natürlich alle auf gute Nachrichten.

Was die Zyprioten eher weniger interessiert ist zum Beispiel ihr Müllproblem. Vielleicht habe ich schon geschrieben, dass es hier auf Zypern noch zwei große Mülldeponien gibt, die von der EU als gesundheitsgefährdend eingestuft wurden und deren Beseitigung, unter Drohung mit dem EU-Gerichtshof, gefordert wird. Mülltrennung ist den Menschen hier fremd und Recyceln auch. Plastikflaschen und Metalldosen ohne Ende, die Plastikbecher für die Wasserspender, die bei uns normalerweise in Drogeriemärkten oder bei Karstadt oder so stehen, werden auch in rohen Massen verbraucht, in meinem Altersheim zum Beispiel pro Tag geschätzte 100 Stück, das macht in der Woche 700 und im Monat dann ungefähr 2100??? Ich weiß, dass solche Rechnereien doof sind, aber anstatt einfach die Gläser stehen zulassen und nachzufüllen und sie dann von den doofen EVS-Volontären abspülen zu lassen, produziert man lieber eine anständige Menge Müll. Plastikbecher sind hier das GANZ große Rennen.

Am 25. März hatten wir hier mal wieder eine Parade mit militärischem Schritt und Trommeln, da an diesem Datum im Jahr 1821 die griechische Revolution begann.


Aus diesem Anlass schwingt man hier mal wieder Fähnchen. Diesen Samstag gab es abends einen Fackelumzug, auch mit Trommeln und danach haben gab es in den Bergen kleine Feuer. Das Ganze soll an den Beginn der Revolution gegen die britische Kolonialmacht am 1. April 1955 erinnern, der von der „nationalen Organisation zypriotischer Kämpfer“ (EOKA) angeführt wurde.

Dieses Wochenende hatten wir auch ein Vortreffen mit den Gruppenleitern für unseren nächsten Jugendaustausch vom 20. bis zum 30. April. Wir haben mit ihnen das Tagesprogramm, die Reisekostenrückerstattung und grundsätzliche Dinge besprochen. Am Abend waren dann auch noch, außer einem, alle EVS Freiwilligen aus Zypern in Agros und alle haben an dem Fackelumzug teilgenommen und hinterher gab es dann bei den Feuern auch noch eine Party, natürlich mit Souvlaki. Bei den Besprechungen wurde mir dann nochmal klar, dass das schon eine große Verantwortung für mich sein wird, ungefähr 50 Leuten jeden Tag zu sagen, was wir jetzt machen, dass sie zu der und der Zeit da und dort sein müssen, vor allem wenn man bedenkt, dass der Großteil von ihnen älter und wahrscheinlich auch erfahrener sein wird als ich. Aber wenn auch nur die Hälfte der Teilnehmer so engagiert ist wie die Gruppenleiter, dann wird da sicherlich eine schöne Sache draus.


Im Griechischunterricht sind wir jetzt gottseidank endlich bei den Vergangenheitsformen angelangt, das wurde auch langsam mal Zeit. Ich muss sagen, dass es mir immer noch schwerfällt die Gespräche der Leute zu verstehen, weil der zypriotische Dialekt doch relativ schwer ist, wenn man eigentlich „reines“ Griechisch lernt. Für vieles haben sie hier andere Wörter als im normalen Griechischen, zum Beispiel für „nimm!“. Auf Griechisch heißt es „Pare!“ und im zypriotischen „Piaste!“. Das ist ungefähr so, wie wenn wir „Broiler“ und „Brathähnchen“ meinen. Deswegen ist es auch schwer für die Griechen, die hierherkommen, die verstehen manchmal auch so gut wie gar nichts, wenn die Leute hier superschnell in ihrem Dialekt daherreden.

Demnächst kann man mich dann wieder mal in Deutschland sehen, denn am Donnerstag fliege ich von Larnaka nach Leipzig um zu Ostern Urlaub in Erfurt zu machen und ich freue mich schon total, alle wiederzusehen. =) Und das besonders Coole daran ist, dass ich Doppelostern haben werde, einmal in Schland und einmal auf Zypern, weil das orthodoxe Ostern vom 13. April bis zum 15. Gefeiert wird und ich komme natürlich pünktlich zum 12. April nach Zypern zurück. Also richtig clever. Und dann kann ich auch schon einiges von meinen Wintersachen wieder mit nachhause nehmen und deutsche Spezialitäten mit nach Zypern nehmen (Knusperflocken finden überall großen Anklang, Käse oder zum Beispiel Rotwurst und Milkaschokolade, Knackwurst, Kochkäse, Baumkuchen, Waldmeistergetränke und so weiter…).

Abgesehen davon: Der schöne schöne Frühling kommt. Es duftet nach Blümchen und warmem Regen und bald wird alles weiß, zartrosa, pink und gelb und grün sein.


Bis bald

Eure Elisa

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