Dienstag, 17. April 2012

13.-17.04.2012


13. – 17. April 2012 – Österliches.

Gerade kommt man aus dem österlichen Deutschland, hat den Bauch noch voll und das nächste was man bekommt ist – na was wohl – Essen. Das sogenannte Hungergefühl, dass man in der rauhen Steinzeit wohl noch kannte, ist mir fremd geworden.

Nachdem mein Rückflug nach Zypern ruhig verlief bin ich am nächsten Tag, dem griechisch-orthdoxen Karfreitag mit Caroline (einer ehemaligen Freilwilligen von hier, die hier gerade zu Besuch ist) zu Alexis und Andreas Familie gegangen. Dort wollten wir eigentlich helfen, Flaounes (Fla-ú-nes) zu backen. Das sind spezielle Ochterkuchenmit einer Käsefüllung, die in dieser Art nur zu Ostern hergestellt wird. Außerdem enthält die Füllung auch Ei und Rosinen. Da man aber nur mit ausreichender Perfektion und geprüfter Qualifizierung am eigentlichen Produktionsprozess teilnehmen darf (das war jetzt Ironie), durften wir wenigstens die Bretter mit den fertigen Flaounes halten, damit sie in den Steinofen geschoben werden konnten. Naja, immerhin durften Caroline und ich ganz alleine aus dem fertigen Olivenbrotteig kleine Fladen formen (Juchu!). Aber das war ganz nett. Ansonsten haben wir faul in der Sonne gesessen (daher auch der Sonnenbrand im Gesicht) und haben geplaudert oder über Andreas Sohn gelacht, der äußert dicke Backen hat und immer guckt, als würde jemand hinter seinen Augäpfeln sitzen und sie mit den Fingern rausdrücken. Das ist ein süßes dickes Baby. Nebenbei haben die Männer noch an der Terrasse rumgewerkelt, einen Zaun angebracht, dass Terrassendach gedeckt und Kaffee getrunken, vornehmlich Frappé. Dann gab es Mittagessen (Kolokasi und Bohnen mit Spinat). Es ist auch Tradition am Karfreitag groß reine zu machen. Später am Tag wird noch eine Art Tischen vollkommen mit Blumen ausgeschmückt, der dann das Grab Jesu symbolisieren soll, das ganze nennt man Epitaph. Abends haben die Glocken ein bisschen anders geläutet als sonst, ein bisschen trauriger. Man denkt eben den ganzen Tag daran, dass Jesus gekreuzigt wurde. Mit ihrer Osterwochen-Liturgie empfinden Die orthodoxen Griechen bzw. Zyprioten als quasi in Echtzeit die Geschichte in der Bibel nach. So steht in der Bibel geschrieben:

Nach dem Sabbat kamen in der Morgendämmerung des ersten Tages der Woche Maria aus Magdala und die andere Maria, um nach dem Grab zu sehen. Plötzlich entstand ein gewaltiges Erdbeben; denn ein Engel des Herrn kam vom Himmel herab, trat an das Grab, wälzte den Stein weg und setzte sich darauf.

Am Samstagmorgen wird zum Beispiel in der Kirche ein Heidenkrach (haha) veranstaltet, weil alle Leute mit den beweglichen Sitzflächen klappern um damit das Erdbeben zu symbolisieren.

Übrigens färbt man in Griechenland und auf Zypern die Eier hauptsächlich rot, die Geschichte dazu, die man mir erzählt hat, berichet von einer Frau, die die Nachricht der Auferstehung erfährt und sagt, das würde sie erst glauben, wenn dieses Eier, die sie trägt, rot würden. Woraufhin diese sich natürlich rot färben. Manche sagen allerdings auch, dass das Rot für das vergossene Blut Jesu steht.

Am Samstagabend gehen alle Leute und noch viel mehr mit Osterkerzen in die Kieche zur Mitternachtsmesse. Diese Kerzen werden schon vor Anfang April in Massen hergestellt, in den Schulen gebastelt, die Paten schenken sie ihren Patenkindern usw. Oft sind sie nett dekoriert aber man bekommt sie auch noch einfach in der Kirche zur Messe. Diese Kerzen stehen für das Wunder der Auferstehung Christi, wenn cih das richtig verstanden habe. An einem bestimmten Punkt werden die Kerzen angezündet und zwar mit einem Feuer, das extra zu diesem Zweck aus Jerusalem über Athen nach Zypern gebracht wird. Der Priester sagte, man solle sich doch nicht darum drängen, wer als erster sein Licht anzündet, weil das doch egal sei und das Licht sei doch erst vor fünf Minuten angekommen. Als quasi: Ist doch gut, macht langsam. Danach dürfen alle die Kerzen mit nachhause nehmen. Früher wurde mit diesen Kerzen hinterher auch noch eine Zeitlang alles Feuer im Haus angezündet (Kochstelle, Kamin, Licht etc.). Die Mitternachtsmesse geht in ihrer Vollständigkeit bis 3 Uhr nachts, dann gibt es Abendmahl, das aber nicht wie bei den Protestanten im Kreis von einem zum nächsten gegeben wird, sondern man muss wohl in einer Schlange anstehen und bekommt das dann vom Priester. Das habe ich mir allerdings nicht gegeben, weil mir von den 300 Leuten in der Kirche (und das ist sicher nicht übertrieben), mit ihren Kerzen, dem Weihrauchqualm und der warmen Luft von der Heizung, auf der sich saß, ein wenig übel wurde. Außerdem ist 3.00 Uhr echt lang. Wenn man die Kirche verlässt, wünscht man sich gegenseitig „Christos anesti!“ – Christus ist auferstanden. Die meisten gehen danach nachhause und essen eine Eiersuppe mit Zitrone. Außerdem gibt es Osterfeuer, die Judas Verbrennung symboliseren, nachdem der sich aufgehängt hatte. Desweiteren böllert man, oder sollte man es eher dynamiten nennen. Dafür gibt es keinen ästhetischen, traditionellen, praktischen, oder auch nur sonst irgendeinen vernünftigen Grund. Es stinkt, es ist unheimlich laut und es macht mir Angst, weil die jungen Männer das Dynamit (wir bleiben ruhig dabei, denn normale Böller sind das auf keinen Fall), vorzugsweise einfach irgendwohin werfen, auch wenn an diesem irgendwo jemand steht. Das hat mir also ganz und gar nicht gefallen. Aber wenigstens machen manche auch ganz normales Feuerwerk.

Ansonsten war ich gestern noch mit Giorgos und Caroline in Lemesos am Abend, Kaffee trinken. Ich hatte was ganz wildes, Mangoeis-Zimt-Kaffee, war nicht der Renner. Wir haben über dies und das geredet und Caroline hat ein bisschen von ihrem EVS erzählt und mir Empfehlungen für Plätze, Bars und Events gegeben. Das Café wo wir waren hatte übrigens so schöne Toiletten, dass ich sie fotografieren musste. Im Auto haben wir uns noch über die deutschsprachige Party-Musik unterhalten, solche Schätze wie „Nein Mann, ich will noch nicht geh’n“ oder „Yippie yippieh yeah, yippie yeah, KRAWALL UND REMMIDEMMI“. Und weil wir mit Giorgos auf seinem internetfähigen Handy endlich mal nachgeschaut habe, wann mein Namenstag ist (denn Geburtstag feiere ich ja schon wieder in Deutschland) und herausgefunden haben, dass der am 24.04. sein wird, werden diese meine deutschen Wunschtitel, zu denen ich dann ganz alleine ein Doofi-Solo tanzen kann. Denn praktischerweise habe ich ja nächste Woche auch Jugendaustausch mit vielen lustigen Leuten und da kann man dann eine Party feiern. Vielleicht denke ich mir sogar eine Doofi-Choreografie für die Teilnehmer aus. Egal, das wird bestimmt spitze. Außerdem hat es irgendwann auf der Autofahrt von draußen her total nach Jasmin geduftet, das war schöööön.

Vielleicht habe ich ja schon erzählt, dass auf Zypern alle Männer zwei Jahre Armee machen müssen nach der Schule und sich dem zu entziehen ist äußerst schwer. Was mindest genauso interessant und fast schon doppelt so blöd ist, dass man nicht nur Menschen rekrutieren kann, sondern auch ihreFahrzeuge im Kriegsfall. Da rufen die dich dann nicht an und sagen: „Wir möchten ihren 19 jährigen Sohn zum Wehrdienst einziehen.“ Das heißt dann „Sie besitzen eine Suzuki GW 250? Die wird zum Armeedienst verpflichtet.“ Entgehen kann Mann dem nur, indem man das Gerät auf Frau, Freundin, Mama oder Oma umschreiben lässt. Aber wer will das schon?

Am Samstag, habe ich dann länger geschlafen und bis nachmittags am Programm für den Austausch gearbeitet und habe hinterher mit Caroline einen Spaziergang zu einem alten Versteck der EOKA Kämpfer gemacht. Es ging manchmal ganz schön bergauf, zum Glück hat die Sonne kaum geschienen, sodass einem nicht ganz so heiß wurde. Unterwegs haben wir über das EVS geredet und Erfahrungen über Jugendaustausche ausgetauscht (das klingt jetzt aber doof). Sie hat ja schon bei vielen mitgemacht und auch eigene organisiert, auch hier in Agros und hat daher schon mehr Erfahrung als ich und konnte mir viele Tipps geben. Auf dem Weg zum Versteck haben wir eine richtig große Müllhalde entdeckt, da braucht man sich nicht wundern, warum man auf den Straßen von Agros nie Sperrmüll oder sowas rumliegen sieht. Ganz toll.

Am Sonntag gab es am Morgen natürlich wieder eine Messe und es wurde immer noch kräftig geböllert. Zum Mittagessen waren Caroline und ich bei Loukas eingeladen, das heißt ins Haus seines Großvaters, wo alle Cousinen und Cousins und Onkel und Tanten usw da waren. Es waren insgesamt bestimmt mindestens 25 Leute (habe leider nicht nachgezählt), es gab Souvla, mal wieder Hoden, aber diesmal mit Darm umwickelt, Leber und Niere, Nudelaufläufe, grüne Salate mit Ei oder Hühnerfleisch, gefüllte Weinblätter, Ofenkartoffeln, Makaronia usw. Traditionellerweise ist man zu Ostern, noch bevor das Fleisch vom Souvlagrill durch ist, einige noch nicht ganz durchgebratene Häppchen davon. Nach diesem Essen sind wir mit Loukas zu Nikolas Familie gefahren und haben dort die Babys von Nikolas Bruder Vasilis und das von Giorgos Schwester Dimitra bewundert. Später kam dann auch noch Andreas mit seinem Baby. Also quasi eine Babyparty. Übrigens gibt man in Griechenland und auf Zypern den Kinder immer den Namen der Großeltern. So heißt zum Beispiel das Baby von Vasilis „Dimitris“, benannt nach dem Vater von Vasilis Frau.

Wir mussten dort auch noch Nachtisch essen und hinterher waren Caroline und ich so voll, dass wir ganz müde und träge wurden. Aber wir mussten auch noch zu den Osterspielen, die sind ebenfalls Brauch hier. Die Gemeinden in den Dörfern veranstalten große Spiele wie Schubkarrenrennen oder Sackhüpfen, Eierlauf und so weiter, bei denen dann auch die Gewinner mit einem Pokal gekürt werden. Das ganze hat sich unheimlich in die Länge gezogen, weil natürlich alle zu spät waren, aber das war nicht so schlimm. Caroline und ich haben bei einem Parkour mit gemacht, den man mit dieser Brille bewältigen muss, die Abstands und Größenverhältnisse verfälscht, so als ob man betrunken wäre. Gewonnen habe ich allerdings nicht, ich habe wohl nicht genug Übung im betrunken sein.

Um 24.00 sind wir dann auf eine Party ins „escape“ gegangen (Disco, Club, Restaurant, oder je nachdem was man darin machen möchte). Dafür haben wir vom Besitzer Andru aus Rumänien VIP Karten bekommen, sodass wir den Eintrittspreis von 15 Euro sparen konnten. Um zwei Uhr kam dann auch endlich der Hauptakteur des Abends, ein bekannter zypriotischer Sänger, dessen Namen ich vergessen habe. Der sang dann ungefähr eine Stunde und dann gab es noch traditionellere Tanzmusik und Caroline und ich dachten schon, dass es jetzt langsam Zeit wäre zu gehen, aber dann haben wir uns doch noch aufgerafft und ein bisschen getanzt und dann kam auch noch die gängige Party-House-Musik und dann sind wir doch noch bis 5.30 geblieben, zum Schluss waren nur noch 10 Leute oder so da und wir hatten mit ein paar Freunden die ganze Tanzfläche für uns alleine, das war toll. Und ich glaube, in mir steckt doch mehr Raver als ich dachte, zumindest mehr Raver als Schuhplattler oder Sirtaki. :D Habe dann auch von 6 Uhr bis 15.00 geschlafen. Heute kommen auch Leute aus Thessaloniki zu einem Austausch her, aber mit denen werde ich nicht so viel zu tun haben.

Gestern am Abend sind die Menschen aus Thessaloniki angekommen und wir zusammen mit ihnen Abendbrot gegessen im Restaurant von Nicholas Eltern. Die sind alle ziemlich nett, es sind auch ein paar dabei, die ganz gut Deutsch sprechen. Eine junge Frau studiert klassischen Gesang und der Vize-Bürgermeister von dem Stadtteil aus dem sie alle kommen singt auch wie ein Opernsänger, wirklich toll. Der hat bestimmt drei oder vier Lieder geschmettert, in einer Lautstärke. Nachdem dann alle mal ein Lied gesungen hatten, mussten Caroline und ich natürlich auch ein Lied singen. Am besten ein Volkslied sagte man. Das ist nur nicht so einfach, da sie ja aus Österreich kommt und da unterscheiden sich die Kulturgüter leicht. Also haben wir dann „Weißt du wie viel Sternlein stehen“ gesungen. Viel lustiger war es dann allerdings, als wir noch diese äußerst markante Stelle in diesem wohlbekannten Lied gesungen:

„LEBT DENN DER ALTE HOLZMICHEL NOCH, HOLZMICHEL NOCH, LEBT DENN DER ALTE HOLZMICHEL NOCH, HOLZMICHEL NOCH? JAAAAAAAAAAAAAAAA, ER LEBT NOCH, ER LEBT NOCH, ER LEBT NOCH, JAAAAAAAAAAAAAAA ER LEBT NOCH, ER LEBT NOCH, STIRBT NICHT!“ Und wir haben auch nicht vergessen, ordentlich zu schunkeln und zu grölen.

Wir haben dieses wunderschöne Stück deutschsprachiger Kultur nicht etwa ausgesucht, weil wir keine Volkslieder kennen, aber es war das einzige, was wir beide kannten. Auf jeden Fall hat es viel Erheiterung hervorgerufen. Heute Abend veranstalten die Griechen einen griechischen Abend und da singen wir dann vielleicht was schöneres. Mir ist ja spontan eine ganze Menge Sachen eingefallen: Drunten in der grünen Au, Zu Grünewald im Isartal, Kein schöner Land, Im Walde da wachsen die Beeren, Horcht was kommt von draußen rein…Das ganze Programm. Das ganze Gedudel. Vielleicht singen wir auch Männer sind Schweine. Oder Mensch von Herbert Grönemeyer, davon gibt es immerhin eine griechische Version. So viele schöne Sachen. Und was auch schön ist, dass die Leute aus Thessaloniki gaaanz viel Geduld haben, schön langsam und deutlich mit uns Griechisch zu sprechen, sodass wir ihnen auch antworten können.

Abends sind dann noch einige in Andreas Bar gegangen, vor allem die Zyprioten, weil sie am Ostermontag immer die Nacht durchmachen zum Dienstag, weil es in der Früh um fünf eine Wanderung um und durch das ganze Dorf gibt, bei dem wirklich fast alle Bewohner des Dorfes mitmachen, egal ob jung oder alt.

Das ganze dauert etwa 4 Stunden, wird begleitet von gnadenlosem Geböller, bis die Ohren schmerzen. Auf dem Weg kommen alle, die nicht bei der Wanderung mitmachen aus ihren Häusern und bieten in ganz schmucken Silbergefäßen Rosenwasser, Süßigkeiten und Weihrauch an, oder stellen Essen und Trinken bereit. Danach gehen dann viele noch zum Gottesdienst oder nachhause und schlafen eine Runde. Caroline und ich haben nur den zweiten Teil mitgemacht, weil uns fünf Uhr ein bisschen früh war, sieben Uhr hat uns völlig gereicht.

Jetzt muss ich noch ein bisschen am Austauschprogramm arbeiten,

Grüßchen,

Elisa

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