Am Samstag war ich bei der Geburtstagsparty eines unserer Volontäre in Limassol. Das war eine lustige Angelegenheit. Wir haben gegrillt, es war nämlich 1a Frühlingswetter, lauter lecker Zeug gegessen, es gab sogar original Sangria (weil Volontär spanisch) und einen Spielplatz belagert. Später am Abend haben wir dann noch eine Gruppenmassage in der Reihe gemacht, weil irgendwer sich über Rückenschmerzen beklagt hat, ich habe den EVS-Freiwilligen den Eye-of-the-Tiger-Tanz aus Rumänien beigebracht, und als es an die Zeit kam, die Schokotorte anzuschneiden, entschloss sich unser Geburtstagskind, dass es doch viel lustiger wäre, sich den Kucheh gegenseitig ins Gesicht zu schmieren. Zugegebenermaßen war es das auch. Und klebrig.
Ansonsten kann man den Frühling schon riechen. Die Mandelbäume fangen zu blühen, an meinem Fenster kondensiert nachts das Wasser nicht mehr und ich muss keine Strickjacke mehr zum Schlafen anziehen.
Jetzt ist es ja schon die Vorosterzeit, das heißt, dass die Orthodoxen schon wieder fasten, diesmal 40 Tage vor Ostern. Im Kindergarten haben wir dazu eine traditionelle Figur gebastelt, der man in jeder der sieben Wochen vor Ostern einen Fuß abschneidet.
Außerdem ist die Fastenzeit auch Chalwa-Zeit, diese klebrige Süßigkeit mit Mandeln und Pistazien und Honig, nicht so ganz mein Fall, aber es gibt auch einen extraordinären Kuchen, den ich mehr zu schätzen weiß. Die Zyprioten wissen eben wie man das macht, wenn schon keine Milch und kein Käse und kein Fleisch, dann wenigstens Chalwa. Am Tag, an dem das Fasten vor Ostern beginnt, gibt es hier außerdem traditionell überall ein großes Fleischgelage, jeder Beamte, jeder Postangestellte und natürlich auch jede Familie veranstaltet ein Souvlaki-Grillen. Wobei viele von ihnen das Fleischessen vor Ostern ohnehin fortsetzen. Desweiteren kann man von nun an in unserer Schwimmhalle das russische Nationalschwimmteam für die Special Olympics beim Trainieren beobachten, wirklich wie die Fischlein.
Dieses Wochenende (09. bis 11. März) war ich in Nikosia. Am Freitag hat mich Vasilis in die Stadt gefahren, wo mich Nina (deutsche Freiwillige dort) abgeholt hat und dann hat sie mir ihren Arbeitsplatz gezeigt, ein schönes altes, aber restauriertes Gebäude, sowas wie ein Kulturverein komplett in Ikea. Am Abend fand dort das Treffen der allfreitaglichen Tanzgruppe statt, die die traditionellen zypriotischen Tänze üben, dabei durfte ich dann auch mit machen. Ich glaube, ich habe ja schon erzählt, dass die zypriotischen Tänze nicht so einfach sind, was hauptsächlich am wechselnden Rhythmus liegt. Aber das dort hat meine Vorstellungen noch übertroffen, ich hätte nie gedacht, dass langsame Tänze derart schwierig sein können! Es hat Spaß gemacht, aber von all den Menschen dort, war ich bestimmt der größte Trampel. :D Bei Nina zuhause (sie wohnt mit Natacha aus Portugal und Anca aus Rumänien zusammen) haben wir dann Indisch gekocht und Eierlikörkuchen für den nächsten Tag gebacken. Da nämlich haben wir an einem Workshop teilgenommen, der sich Word Career nennt. Veranstaltet wurde er von unserem Torten-Geburtstagskind Armando. Der Hauptinhalt des Kurses war eine Straßenaktion, bei der man an einem gutbesuchten öffentlichen Platz eine mehr oder weniger provokative oder interessante aktuelle Frage gut sichtlich aufhängt, in unserem Fall „Was ist eine Frau?“ (siehe Frauentag). Man beginnt mit der Postervorbereitung erst auf dem öffentlichen Platz, um Aufmerksamkeit zu erregen, und tatsächlich sind da schon einige Leute stehen geblieben. Dann hängt man die Frageposter auf und macht etwas kleinere Poster, auf die man seine eigene Antwort schreibt, zum Beispiel „Eine Frau ist ein menschliches Wesen mit Reproduktionsfunktion und Gehirn.“ Was sinnvolles oder was lustiges, eben die eigene Ansicht, die eigene Antwort. Wenn man das gemacht hat, hängt man auch diese Poster auf. Da die Plakate bunt sind, und alle nah beieinander hängen erregen sie Aufmerksam keit, das hat auch bei uns gut funktioniert. Die ersten Leute sind näher gekommen und sich die Poster angeschaut. Dabei bilden sich „Zonen“. Die Leute,die nur vorbeigehen und sich das ganze nicht mal anschauen. Die Leute, die etwas näher dran stehen und noch nicht wissen was das soll, ob man da was bezahlen muss und noch etwas unsicher sind. Und dann gibt es noch die, die ganz nah an den Postern dranstehen und die Poster lesen. Diese letzten beiden Gruppen kann man nach einiger Zeit und wachsender Sicherheit befragen, das heißt einzelne Personen. Normalerweise fragte ich die Leute, was sie denn denken was eine Frau ist und dann haben sie mir eben geantwortet. Durch Fragen an Detailstellen, die ungewöhnlich erscheinen und nachhakenswert sind, kann man dann entdeckende Fragen stellen, die aber nicht in ein sokratisches Gespräch münden sollen. Es geht bei diesen Aktionen nicht darum, die Leute von etwas zu überzeugen, sondern auf eine Frage Antworten zu bekommen von Leuten. Man gibt ihnen eine Möglichkeit ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen, möglicherweise über etwas, über das sie vorher noch gar nicht so viel nachgedacht haben. Man fragt also die Leute nach ihrer Antwort, fragt sie nach Vornamen und Alter, und ob man ihre Antwort an die Plakatwand schreiben darf. Und alle, die wir befrag haben hatten nichts dagegen. Nach einer Stunde hatten wir zusätzlich zu unseren Antworten noch 20 andere. Das war für uns als Gruppe schon ein kleiner Erfolg, dafür dass wir das das erste Mal in Zypern gemacht haben, und außer für Armando generell für alle das erste Mal. Wir hätten nie damit gerechnet, dass sie viele Menschen sich dafür interessieren. In zwei Wochen, wollen wir das Ganze mit einer etwas schwierigeren Frage wiederholen, und die Schreibaktion zeitlich etwas ausdehnen, unser „entdeckendes Fragen“ ein bisschen verbessern. In Erfurt will ich das dann auch mal ausprobieren.
Außerdem war der Tag an sich schon genial, es waren etwa 20° in der Sonne und zwar gab es Sonne satt. Nina und ich haben uns wären der Mittagspause im Workshop gebräunt.^^ Im Gegensatz dazu haben sich die ganzen Südländer in den Schatten gesetzt und Wetten darauf abgeschlossen, dass Nina und ich uns in die Sonne setzen. Wir hatten auch ein ganz tolles Mittagsbuffet, zu dem jeder was mitgebracht hat. Also alles in allem ein sehr gelungener Tag. Am nächsten Tag sind wir dann mit Natacha nach Geri gefahren, das ist ein Dorf in der Nähe von Nikosia. Dort haben wir einen Künstler besucht, den Natacha in ihrer Dokumentation über Generationen und ihre Geschichten in Zypern zeigen will. Er beschäftigt sich mit der Geschichte Zyperns und hat die Front seines Hauses vollgestellt mit einfachen bunten Gegenständen, Skulpturen, Schildern, was zusammen ein einzigartiges, farbenreiches mit Jahreszahlen und Ereignissen gespicktes Abbild der Geschichte des Landes ergibt. Dort mussten wir auch Kuchen essen und Kaffeetrinken.
Zivania mussten wir auch trinken, und zwar im Museum des Dorfes, das soweit ich das beurteilen kann, eines der interessanteren Museen in Zypern ist. Es ist ein sehr altes Haus mit vielleicht 3 Meter hohen Decken und tradtionellen Möbeln, Dekorations- und Alltagsgegenständen, Schuhen, Tellern, Kleidern, Handwerksgeräten, Hochzeitsschmuck, Nummernschildern, Möbeln usw. Das schöne ist, dass alles sehr liebevoll und mit Sammelleidenschaft zusammengetragen ist und es viele Geschichten zum Haus zu hören gibt. Es gab auch medizinische Gegenstände zu sehen unter anderem von Jena Glass. Überall findet man das. :D Sehr schön fand ich die wächsernen Brautdiademe, deren Größe den Wohlstand der Familie zeigten. Und endlich konnte ich auch mal sehen, wie diese gruseligen Wachspuppen aus den Kirchen hergestellt werden. Hinterher, wi e könnte es auch anders sein, wurden wir zum Mittagessen bei der Familie des Künstlers eingeladen. Danach sind wir dann nach Hause gefahren und ich mit dem Bus zurück nach Agros.
Desweiteren dürfen wir gerade ein Wetterphänomen beobachten, dass sich auf Griechisch „skóni“ nennt – Sandwinde aus der Sahara finden ihren Weg nach Zypern, deswegen sieht es jetzt immer ein bisschen trüb bis neblig aus, manchmal soll es sogar richtige Sandstürme geben.
Soviel dazu! Gute Nacht!
Elisa