Ja, was ist los bei mir? Diese Woche bin ich noch im Kindergarten, weil Shiva sich dort irgendwie nutzlos gefühlt hat und deswegen lieber in der Küche bleiben wollte. Aus ihren Erzählungen kann man schließen, dass sie die Leute viel beobachtet, wie es ihnen geht und dass sie auf sie zugeht. Die alten Leutchen freuen sich auch, wenn sie Shiva sehen und rufen sie dann immer und sagen was Nettes. Das ist niedlich anzusehen.
Bei mir im Kindergarten ist es jetzt auch ein bisschen besser geworden, weil die Kinder mich jetzt langsam kennen und manche wissen sogar meinen Namen und sprechen mit damit an. Zwar meistens nur, wenn ich irgendwas für sie machen soll, aber das ist ja irgendwie klar. Ein süßes kleines Mädchen, Eleana, kommt jetzt auch ab und zu zu mir und umarmt mich und grinst immer ganz lieb. Und einer von den Jungen, Stavros, hat denn Erzieherinnen heute erzählt, dass er gerne mit mir spielen möchte, aber er traut sich nicht zu fragen. Natürlich ist es auch oft schwierig, weil manche Kinder sich natürlich noch nichts von mir sagen lassen. Heute sollte ich z.B. einem Jungen, Konstantinos, beim Essen helfen, er war der letzte, der noch nicht fertig war. Aber kaum saß er auf dem Stuhl und ich hab ihm den Löffel hingehalten, drehte er sich immer weg und versuchte fortzulaufen. Und als ich ihn dann so in den Stuhl gesetzt hatte, dass er mir nicht mehr entfliehen konnte, hat er angefangen zu schreien und zu heulen. Dazu kommt noch, dass er in der Gruppe sowas wie der „bad guy“ ist, haut oft andere Kinder, isst nicht auf, macht Sachen kaputt – dem sitzt echt der Schalk im Nacken. Naja, und als er dann schön vor sich hin gebrüllt hat, kam eine von den Kindergärtnerinnen und hat ihn gefragt, was los ist, und er solle sich doch jetzt mal hinsetzen und noch was essen, nur ein bisschen. Sie war sehr nett. Und da setzt der sich hin, hört auf zu heulen und isst anstandslos seinen Reis auf. Später hat sie ihm dann noch gefragt, warum er sich nicht von mir Essen geben lässt und gesagt, dass ich doch eine ganz Liebe bin und er sich da nicht so haben muss. Naja, irgendwann wird das sicher noch besser. Außerdem haben wir zwei hyperaktive Schwestern in der Gruppe der Großen, die sind zwei und 4 Jahre alt und sind echt wild. Beide sabbern wie Hunde, das stört sie auch gar nicht, sie klettern auf alles Mögliche (Menschen, Stühle, Tische, Tafeln, Bäume) und verstehen es, ihren Willen mit Gewalt durchzusetzen. Maria, die ältere von beiden wollte mich neulich mit einem Tritt gegen meine Beine begrüßen und später hat sie mich an den Haaren gezogen. Ihr liebstes Hobby ist es, mittels eines Stuhls zur Pinnwand zu klettern und Pinnnadeln abzuziehen. Die versucht sie dann meistens irgendwem irgendwohin zu hauen. Da muss man echt aufpassen. Aber dafür gehört sie zu den wenigen, die ohne Murren und relativ schnell ihr Essen alleine zu sich nehmen können. Und wenn wir etwas basteln, kann sie sich bestens konzentrieren.
Gestern Abend hat Shiva ein paar Leute aus dem Dorf zu niederländischem Apfelkuchen und Frappé bzw. was auch immer die Menschen wollen, eingeladen. Der Kuchen hat gut gerochen, war aber leider etwas zu hart und den meisten nicht süß genug, aber zum Glück haben wir noch genug Zeit, uns am Kuchen auszuprobieren. Eva hat uns ein hübsches Blümchen geschenkt (Klassifikation erwünscht).
Was ich nur nicht verstehe, ist, warum die Leute hier keine Übertöpfe oder Untertöpfe für die Pflanzen kaufen, denn eigentlich ist es egal, ob man die Blumen gießt oder nicht, das Wasser läuft sowieso unten wieder raus. In den Häusern sind hier auch kaum Pflanzen, die stehen üblicherweise draußen. Dann haben wir noch bis 24 Uhr geplaudert, über kulturelle Unterschiede, darüber, was in unseren Ländern vom Brutto übrigbleibt, was das Leben so kostet, über sprachliche Verwirrungen. Und wir haben ein bisschen über Eva gelacht, weil die nämlich ganz verliebt in ihre Uhr von GUESS ist, und deswegen ständig drauf schaut. Das ist irgendwie zum Running Gag geworden.
Morgen werde ich mich auch mal am Kuchen ausprobieren, ich plane Streuselkuchen mit Äpfeln. Mal sehen, wie das wird. Man kann hier nämlich an den Herden keine Temperatur einstellen, man kann nur Ober- oder Unterhitze einstellen.
Heute haben wir einen mega Flachbildschirmfernseher bekommen, einen äußerst effektiven Heizstrahler und eine Ministaubsauger. Jetzt fehlen nur noch genug Steckdosen.^^
Alexis und Panagiotis beim Aufbau
Besonders den Staubsauger begrüße ich herzlichst in unserem Haushalt, weil der Teppich in meinem Zimmer, das Keimigste vom Keimigsten ist. Neulich habe ich versucht, den mit einem Handfeger sauberzumachen und habe da viele viele viele Haare rausgezogen, aber der eigentliche Dreck kam nicht raus. Und ausklopfen kann man Teppiche hier nirgendwo, weil man damit den Lebensbereich anderer Leute beschmutzt.
Desweiteren: Hallo Spanierin! Heute haben wir Elena aus Spanien vom Flughafen in Larnaka abgeholt. Am Flughafen haben wir wieder gemerkt, wie praktisch es gewesen wäre, ein Schild mit ihrem Namen drauf anzufertigen, aber so habe ich drei junge Damen fragen dürfen, ob sie Elena aus Spanien seien. Das waren sie natürlich nicht. Schließlich haben wir sie angerufen und dann nach telefonierenden, blonden, weiblichen Wesen mit zwei Koffern Ausschau gehalten und sie schließlich gefunden. Unglücklicherweise spricht Elena sehr wenig Englisch und noch unglücklichererweise hat sie irgendwo ihr Wörterbuch verloren. Unter anderem wollte ich sie fragen, ob ihr unser Zimmer warm genug ist, das war schon ein Problem, oder ihr zu erklären, dass wir bald Internet im Haus haben werden. Das braucht sie nämlich unbedingt, das ist ihr noch wichtiger, als ein eigenes Zimmer zu haben. Irgendwie hat man ihr vermittelt, dass wir alle drei ein eigenes Zimmer haben werden, aber dem ist ja leider nicht so. Aber irgendwie wird das alles schon werden, sie macht einen netten Eindruck. Und sie hat Bücher dabei von Oscar Wilde und von Aldous Huxley „Schöne neue Welt“. Also schon mal kein schlechter Geschmack. Ja ansonsten, sie auf jeden Fall älter als ich und Shiva, irgendwas bei 26 oder 27, schätze ich.
Am Samstag waren Shiva und ich das erste Mal alleine in Limassol, wir sind um 9 Uhr mit dem Bus losgefahren, die Fahrt dauert etwa eine Stunde. Für eine Fahrt bezahlt man 1 Euro (!!!). Das ist der Fall, weil das öffentliche Bussystem hier ziemlich neu ist, und man mit den niedrigen Preisen die Leute dazu motivieren will, das System zu nutzen, was bisher nicht besonders erfolgreich läuft, die Busse sind ziemlich oft so gut wie leer. Das liegt einerseits daran, dass die meisten aus Gewohnheit lieber das eigene Auto benutzen und andererseits, weil die Fahrzeiten echt blöd sind. Am Samstag fahren zum Beispiel 6 Uhr, 7 Uhr und 9 Uhr Busse nach Limassol, aber der letzte Bus zurück nach Agros fährt schon 13.30 Uhr ab. Wenn man also niemanden hat, bei dem man übernachten kann, ist es nicht besonders effizient, in die Stadt zu fahren, weil die Geschäfte erst 9.30 aufmachen. Auf jeden Fall sind wir ein bisschen durch die Geschäfte geschlendert, wo man eben so als Tourist rumläuft. Wir sind auch in einen orientalischen Laden gegangen, der einer Äthiopierin und ihrem Mann, einem Araber gehört. Dort habe ich eine schicke bunte Hose gekauft. Und während ich anprobiert habe und so hat sich Shiva mit den Besitzern unterhalten (Sara und Michel) und ein bisschen Smalltalk betrieben. Im Endeffekt kam dann raus, dass die beiden zufälligerweise jeden Samstag 14.30 Uhr nach Agros ins Hotel Rodon fahren und dort Schmuck verkaufen. Da haben sie uns freundlicherweise angeboten, uns mitzunehmen, damit wir noch ein bisschen mehr Zeit in Limassol haben und den Bus nicht bezahlen müssen. Das Angebot haben wir natürlich gerne angenommen. Auch wenn mir dabei zuerst nicht ganz so wohl war, denn man weiß ja nie und aus Deutschland ist man solche Nettigkeiten einfach nicht gewohnt. Dasselbe war es in einer Situation, als ich von Shiva ein Foto vor einer Kirche machen sollte („full length, please“ – volle Länge, weil Model) und auf einmal ein junger Zypriot angesprungen kam und gefragt hat, ob er ein Foto von mir und ihr machen soll. Instinktiv bin ich dann immer erst mal misstrauisch und halte alle meine Beutel und Taschen fest und frage mich, was der jetzt wohl von uns will, oder ob das eine Anmache ist. Shiva plaudert in solchen Situationen einfach drauf los und erzählt jedem, der es hören will, oder auch nicht, was sie macht und vorhat und dass sie gute Livemusik sucht und eine Band, mit der sie singen kann und dass sie sich für Bio interessiert und alles Mögliche andere. Aber die meisten Leute hören dann interessiert zu und erzählen dann auch was von sich, oder Shiva fragt einfach. Ich stehe dann meistens ein bisschen schweigsam daneben oder lache manchmal, auf jeden Fall fühle ich mich ein bisschen unwohl dabei, einfach draufloszulabern. Aber hier finden die Leute das ok, zumindest sehen sie so aus. In Deutschland würden die Menschen sie irritiert anschauen und man könnte sehen, dass sie sich denken „Was erzählt die mir hier und warum? Was will sie von mir?“. Das Gute an Shivas Offenheit ist, dass sie so viele Leute kennenlernt, auch viele Ortskundige und so schnell herausfindet, wo man schön tanzen gehen kann und wo es eher langweilig ist, eben nützliche Dinge, wenn man in der Fremde ist. Und deswegen ergeben sich mit ihr viele Gelegenheiten, die man nur am Schopf packen muss, um sie nutzen. Wie eben die Heimfahrt nach Agros. Oder einmal, da wollte sie in ein Delikatessengeschäft. Nur dass der Mann, der drinne war, gerade irgendwas montiert hat und seine Frau, die den Verkauf betreibt, gerade nicht vorrätig war. Dann startet sie wieder ihren Smalltalk, blablabla, lecker Delikatessen, Bio?, tolles Wetter, Limassol so nice, sie aus Holland, wo er her? Da sagt er doch nicht tatsächlich, er komme aus Deutschland. Ich sage: „Ach sowas, ich auch!“. Er kam aus Hamburg vor dreißig Jahren, wegen Schifffahrt und so und weil Zypern so schön, geblieben, warum auch nicht? War auch mal in Erfurt und ich sage: „Ist ja schön, sonst fragen die Leute immer nur, ob das in der Nähe von Berlin ist.“. War auf jeden Fall mal ganz nett, mal wieder mit nicht-virtuellen Menschen Deutsch zu sprechen. Und der Hamburger Dialekt ist echt nett. Tja, dann sind Shiva und ich mit den Sara und Michel nach Agros gefahren und wir direkt eine Einladung zum äthiopischen Essen in Limassol bekommen, wir könnten ja mal vorbeikommen. Als ich dann erklärt habe, dass ich es nicht gewohnt bin, dass Menschen in diesen Mengen einfach so nett und hilfsbereit ohne eine Gegenleistung zu erwarten, hat mir Michel im Gegenzug erklärt, dass er uns gerne hilft, weil er aus eigener Erfahrung weiß, wie wichtig es ist, dass man Freunde hat, die einem helfen, wenn man fremd in einem Land ist, die einen guten Rat geben können und so weiter. Ja, die waren echt nett.
Irgendein Einkausfzentrum in Limassol
Morgen fahre ich wieder nach Limassol, allerdings erst nach der Arbeit, um ein Paket von der Post abzuholen, da muss ich nämlich persönlich mit Personalausweis antanzen. Außerdem will ich mal in einem größeren Supermarkt schauen, was hier normalerweise Waschmittel und Weichspüler und so kostet. Hier im Dorf kostet eine normale Flasche normalen Waschmittels nämlich 6 Euro. Und auch wenn ich die nicht selber bezahlen muss, wenn man Gelegenheit hat, das für weniger Geld zu bekommen, will ich das nutzen.
Ansonsten geht’s mir gut, Husten und Schnupfen tauschen fröhlich Besitzer. Jetzt, wo es mir besser geht, hüsteln viele andere rum und schniefen, was das Zeug hält. Weil das Wetter so schlecht ist (22 Grad, öfters sonnig, manchmal Regen). Aber auch das wird vorüber gehen.
n Eliza
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