Mittwoch, 5. Oktober 2011

04. Oktober 2011

04. Oktober 2011 – Die ersten zwei Ersatzmütter und das Get-Fat-Pack

Heute bin ich 7:30 Uhr aufgestanden. Ich habe um Längen besser geschlafen als gestern. Duschen war kalt, weil ich vergessen habe den Boiler anzustellen. Total clever. Und dann auch noch Haare waschen. Zum Glück sind wir gleich mit zwei Föns ausgestattet. Am ersten Arbeitstag mussten wir um 9:30 im Altersheim bzw. Kindergarten. Der weg dauert zu Fuß etwa 7 Minuten. Shiva und ich werden uns jede Woche abwechseln. Einmal Erzieherinnen unterstützen und einmal Küchenarbeit. Ich habe heute in der Küche angefangen. Dort wurde gerade das Mittagessen vorbereitet. Übrigens ist es völlig unglaublich, wie große Kohlrabis es hier gibt. Echt monstermäßig.

Also es gab Makaroniauflauf mit irgendwas käse – oder cremeartigem, was ich heute Abend erst genau wissen werde, Weintrauben, Sahnepudding, Ziegen/Schafsmilchjoghurt und Salat. Das alles esse ich heute auch noch. Eine der beiden netten Damen, die heute in der Küche waren, konnte ganz gut Englisch, sodass die Verständigung ganz gut funktioniert hat. Sie heißt Maria und hat vier Kinder. Ihre jüngste Tochter wird in einer Woche in England anfangen zu studieren, also kann Maria meine Situation ein bisschen nachempfinden, ebenso wie Anna, die zweite Dame, die leider kein Englisch spricht, mir dafür aber immer griechische Wörter beibringt (heute: Apfel, Birne, Weintrauben, Kartoffel, Karotte, danke, ich, du, Gurke, Handschuhe, Handy), Annas Tochter beginnt dieses Jahr ihr Studium in Nikosia. Ich habe abgewaschen, abgetrocknet, Essen portioniert, Tisch abgeräumt und gedeckt, also alles Kleinkram. Und es riecht immer himmlisch in der Küche. Gegen 11:00 war Frühstückspause. Ich habe Brot mit Halloumi und Tomate gegessen. Es gab auch Feta und normaleren Käse, aber die meisten nehmen Brot mit Halloumi und Tomate. Außerdem gibt es sowas wie Kräuterkuchen, zumindest schmeckt es so. Außerdem gibt es sowas wie kleine gebackene Taschen, gefüllt mit sowas wie süßem Quark und Gewürzen. Es gab auch Apfelkuchen, Tomate, Gurke und noch einen Haufen anderen Kram, alles echt lecker. Wenn dann das Mittagessen für die Bewohner losgeht, muss natürlich darauf geachtet werden, dass jeder das bekommt, was er will. Zum Beispiel bekommt einer der Bewohner immer Rotwein zum Mittagessen, als Maria versucht hat, mir das zu erklären, dachte ich, sie wolle mir welchen anbieten. Als das Missverständnis aufgeklärt war, haben wir natürlich darüber gelacht.

Ich habe abgewaschen und abgetrocknet, Gemüse verpackt und in den Kühlschrank verfrachtet, Essen mit den anderen beiden portioniert, sowohl für die Heimbewohner, als auch für Leute in Agros und in anderen Gegenden, die sich selber nichts mehr zubereiten können. Ich habe den Tisch mit gedeckt und wieder abgeräumt, Traubenreben auseinandergeschnitten, gewaschen, auf Teller verpackt und auf die Tische verteilt, also alles nur kleine Sachen. Aber ich glaube, ich war trotzdem eine kleine Hilfe. Maria und Anna haben sich gefreut, dass ich immer etwas gemacht habe, weil ich ja immer danach geschaut habe, was sie gemacht habe und dann eben versucht habe, ihnen zuzuarbeiten. Sie sind wie die meisten anderen hier – auch wenn ihr es vielleicht schon nicht mehr lesen könnt – sehr nett und offen. Sie haben mich gefragt, wie ich mich jetzt fühle, soweit weg von zuhause und ob ich das erste Mal so weit weg bin und wie es meiner Mama damit geht. Ich soll von ihnen weitergeben, dass es hier jetzt schon mal zwei Ersatzmuttis gibt, die mich umsorgen. Und das stimmt wirklich: „Willst du etwas von dem Kuchen? Hier, nimm doch noch Kartoffeln mit! Du kannst auch etwas von dem Joghurt mitnehmen! Koste doch mal die Trauben!“. Als Shiva mich abgeholt hat und den großen Beutel gesehen hat, meinte sie, das wäre ja ein Riesenüberraschungspack und dass wir jetzt sicher nicht mehr hungern müssten. Da meinte ich zu ihr: „Das ist ja wohl eher ein Get-Fat-Pack“. Das ist heute unser running gag. Weil ich noch vom Frühstück satt war, habe ich nichts zum Mittag gegessen und mir meine Portion für abends aufgehoben.

Falls ich es noch nicht erklärt habe: Das Essen können wir immer im Altersheim essen oder mitnehmen. Wenn wir unbedingt wollen, können wir auch selber zuhause kochen und nur die Zutaten mitnehmen. Aber um das traditionelle Essen kennenzulernen, ist das Mitnehmen vielleicht die bessere und nebenbei faulere Art und Weise. Während Shiva gegessen und nebenbei Yoga gemacht hat, habe ich ein bisschen Bericht geschrieben und Hörbuch gehört. Zwischendurch habe ich dann noch ein bisschen mit Shiva darüber geplaudert, das hat ein bisschen Vertrautheit geschaffen. Ich habe auch versucht, mir einen Frappé zu machen, eines der liebsten Getränke der Zyprer. Wenn ich richtig liege (Kenner dürfen mich gerne verbessern), ist es sowas wie Instantkaffee, der je nach Geschmack gewürzt und gezuckert, mit einer kleinen Maschine 10 Sekunden lang aufgeschlagen wird, sodass eine dicke Schaumschicht entsteht, die auch nach20 Minuten nicht verblubbert. Leider haben wir noch keinen richtigen Zucker, weil Shiva richtigen Zucker vermeidet, sie benutzt Carup Sirup, was weniger süß und calciumreich ist. Was das genau ist, muss ich noch herausfinden. Also schmeckt es ohne Zucker noch ein bisschen seltsam, aber morgen werde ich vllt. Zucker kaufen.

Später sind wir dann in das Jugendzentrum gegangen Dort gibt es übrigens eine große Leinwand für Filme, WLAN, sowas wie eine Bar bzw. einen Imbiss, Spielautomaten, ein Aquarium und eine schöne Terrasse. Wir waren wegen dem WLAN da. Das Café gegenüber unserer Wohnung war noch geschlossen. Ach so, vorher waren wir noch im Schreibwaren- und Technikgeschäft von Agros, weil Shiva sich darüber informieren wollte, wie teuer ein Netbook ist, weil sie keinen eigenen Computer hat, denn ihrer ist in Holland und sie möchte meinen nicht in Beschlag nehmen. Nachdem sie mit der Verkäuferin abgesprochen hatte, dass sie Shiva anrufen hat, wenn sie noch mehr Infos hat (ja, wie könnten wir diesen Service nennen? Ich wiederhole mich nur ungern, aber ich würde „hilfsbereit und freundlich“ vorschlagen), wollte ich ein Heft zum Vokabellernen kaufen. Und es wird vielleicht überraschend klingen, um nicht zu sagen „hilfsbereit und freundlich“, aber ich habe das Heft geschenkt bekommen, damit ich lernen kann. Sozusagen als kleine Lernunterstützung. Im Jugendzentrum hat Shiva, dann zunächst ihren ganzen Internetkram auf meinem Rechner erledigt und hat sich immer wieder überschwänglich dafür bedankt. Ich habe solange, Vokabeln in mein neues Vokabelheft eingetragen. Irgendwann kam dann Eva und wir haben ein bisschen gequatscht. Also wie der erste Arbeitstag war, wie ihr Tag war, wie die Woche jetzt noch verläuft, ob wir irgendwelche Fragen haben und ob wir noch irgendwas brauchen. Ich habe warme Decken erwähnt und Shiva einen Laptop, ob Eva wüsste wo man günstig einen herbekommen könnte. Tja, und ich weiß nicht, ob das wirklich stimmt, dass im Süden alles viel langsamer läuft, aber für gilt das jedenfalls nicht. Also das lief so: Fertig geredet. Eva geht zum Tresen, redet mit einem Typen kommt wieder, plaudert, nach 10 Minuten kommt der Typ zu uns mit einem Laptop in der Tüte für Shiva. Ich möchte den Charakter dieser Tat und der Ausführenden hier nicht noch einmal beim Namen benennen. Shiva hat sich jedenfalls gefreut und ist dann relativ früh nachhause gegangen. Ich habe dann noch ein bisschen mit Eva geplaudert über Erdbeben, die vielen Katzen auf Zypern (eingeführt, um die Schlangenpopulation zu dezimieren und dann selber schnell angestiegen), Altgriechisch, ihre Arbeit und noch einiges mehr. Bald will sie mal mit uns einen Ausflug zu einer antiken Kirche in der Nähe machen und mit uns unterirdische Gänge suchen, die es hier wohl noch vom Zypernkonflikt 1954 geben soll, in denen sich die Soldaten bei Angriffen versteckt haben. Dann hat sie mir noch ein bisschen mit den Griechischvokabeln geholfen. Ich glaube, sie freut sich, dass ich schon jetzt versuche, ein bisschen was zu lernen. Danach war ich dann noch selbst im Internet, habe das erste Mal hier in Zypern geskyped.

Und jetzt ist für heute Schluss, weil Shiva bei mir eventuell noch eine Maniküre vornehmen will und ich bald ins Bett muss und noch ein paar Vokabeln lernen will für morgen. Bis demnächst,

Liebe Grüße aus Zypern

1 Kommentar:

  1. Hört sich ja gut an.
    Vokabeln lernen ist auch unser nächses Ziel. Immer wenn wir unterwegs sind, wiederholen wir, was wir schon können: ja, nein, danke, bitte, gern geschehen, Zahlen bis 10, guten tag, katze und vielleicht noch ein oder zwei Wörter...
    Aber gut, dass du das Essen dort kennenlernst. Da wir nur für uns selber kochen, ist es doch ziemlich Deutsch, bzw. improvisiert.
    Viele liebe Grüße. Wir machen uns jetzt ans Kochen, also werde ich den Rest wohl später lesen.

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