Der große Tag der Anreise. Am Sonntagmorgen um 2:30 Uhr aufgestanden, doch noch mal Haare gewaschen, gefrühstückt und dann ein letztes Mal in den Keller, um doch noch das Englischwörterbuch mitzunehmen und noch ein paar feste Schuhe. Am Tag vorher habe ich mithilfe von Mama und Fabian mein Zimmer leergeräumt. Alles ist jetzt in Kisten verstaut und im Keller untergebracht. Das Zimmer ist jetzt so leer (also quasi nur noch Möbel drinnen), dass es sogar ein bisschen schallt, da kommen Umzugsgefühl auf. Mama hat mich dann doch noch überzeugt, eine kleine Kiste zu machen, in der ich kleine Sachen von zuhause mitnehme. Zum Beispiel meine gefühlten 5000 Fotos von zuhause, von Freunden, Familie, Landschaft etc. Außerdem ist noch eine Tasse dabei, eine Kastanie, ein Wecker, eine kleines Tischdeckchen, eine Kerze, die Erfurter Puffbohne (danke an die Freunde!), ein Schutzengelchen, und ein Stoffherz, Süßigkeiten und natürlich Lof-Kram, der an Fabian erinnert (Tücher, Kuscheltier, Herzsteinchen, …). Desweiteren dabei: Emma!
Auf der Autobahn kam dann manchmal leichte Gruselstimmung auf wegen plötzlichem Nebel. Aber auch das haben wir überlebt. Flughafen – und Parkplatzfindung in Frankfurt am Main waren ebenfalls erfolgreich. Beim Check-in war dann auch alles ok. Nur für Gepäckgröße und Gewicht hat sich niemand so richtig interessiert, ein kurzer Blick drauf und das war's. Dann hieß es noch eine Stunde warten bis es losging. Mama und Simon waren kurz vorm Einschlafen, Fabian und ich kurz vor und gerade am Tränchenvergießen. Ganz schlimm war dann das Boarding, weil darf ja keiner mit rein. Familie und Freund heult, ich heule. Heulen bei der Handgepäckkontrolle, Heulen beim Wiedereinpacken und Aufsammeln des Rucksackinhalts, des Schmucks und des Pullis. Heulen beim Gate-Suchen. Heulen beim Winken. Ganz Schlimm. Heulen beim Warten (weil Streik der Griechen). Heulen, weil süßes Kleinkind gesehen. Heulen, weil knutschende Paare. Dann langsam Schluss mit Heulen. Froh, dass Jelly Bellys von Omi dabei zum Reinstopfen und Braintraining zum Ablenken. Dann einsteigen.
Im Flugzeug selbst habe ich dann neben zwei Asiaten gesessen. Fenster waren weit entfernt von mir, machte aber nix, weil auch so genug Kram zu tun und zu schauen: Bordzeitung, Griechisch lernen, Lufthansa essen: Cheddar-Rührei mit Kartoffelecken und Hähnchenbrust: eeecht lecker. Kokosmakrone, Orangensaft und Butterbrötchen. Das war schon mal gut. In der Nähe von Athen wurde dann klar: Verspätung, weil Streiks in Athen. Einige Leute hatten schon Angst, sie müssten den Tag in Athen verbringen bis zum nächsten Flieger. Aber glücklicherweise streiken die Griechen konsequent, sodass auch das weiterführende Flugzeug einfach nicht gestartet ist. Das hieß: Freundliche Menschen suchen nach den Leuten, die nach Larnaka wollen und bringen sie im Affentempo zum nächsten Flieger. Da wurde mir warm, weil die junge Dame, trotz Stöckelschuhen ein erstaunliches Tempo drauf hatte. Dann hatten wir doch noch eine Menge Zeit, weil „aus welchem Grund auch immer“, so der Kapitän, wir erst mal woanders hin zum Starten fahren mussten und wir eben einfach nicht starten. Da habe ich eben noch Griechisch gelernt, war auch nicht so dramatisch. Der Flug war nett, weil die auf den Bordbildschirmen immer angezeigt haben, wo man gerade ist, was auf diesem Flug besonders interessant war, weil wir ja über die griechische Insellandschaft geflogen sind. Da gibt’s auch Fotos von.
Dann gab’s nochmal Essen: Blumenkohl, Brokkoli, nochmal Hähnchen, Paprika und Kartoffel, Brötchen mit Schmierkäse, Kaffee, Quark mit irgendwas süßem grünen, was aussah wie übergroße Kapern. Angekommen in Larnaka mit butterweicher Landung, sind sogar alle meine Koffer aufgetaucht, ich habe meine Turnschuhe ausgetauscht gegen Flip-Flops, und dann ging’s mit dem Gepäckwagen gen Ausgang.
Dort haben dann auch schon Shiva, meine Mit-EVSlerin und George, einer von unseren Betreuern auf mich gewartet. Auf dem Weg nach Agros sind wir in Lemesos, der nächstgrößeren Nachbarstadt noch in eine Bäckerei gegangen, um noch etwas Essen zu kaufen. Dort habe ich mein erstes Halloumibrot gegessen, was meint, Olivenbrot gefüllt mit Halloumi. Das Autofahren ist der gleiche Horror wie wahrscheinlich in allen südlichen Ländern, nur dass noch Linksverkehr dazukommt, ein Überbleibsel der Briten. Als erstes haben wir meine Taschen in die Wohnung getragen, ich hatte erst mal zwei Stunden Zeit, um richtig anzukommen. Shiva hat mir die Wohnung gezeigt, denn sie ist schon seit Freitag da. So ist aus Jordanien gekommen, aus Amaan, weil sie dort momentan arbeitet. Eigentlich kommt sie aus den Niederlanden. Außerdem ist sie einen Kopf größer als ich und modelmäßig dünn, Vegetarierin, macht Yoga beim Essen, fängt unvermittelt an zu singen, egal wo sie ist und wer bei ihr ist, hat ein bisschen Angst vor Katzen, ist so gut wie nichts wo richtiger Zucker dran ist, modelt, hat Eventmanagment studiert, ist 24 Jahre alt, mag arabische Kleidung und ist ein echter Bio-Fan.
Unsere Wohnung ist okay, nicht superschön oder modern, aber in Ordnung, alles Wichtige ist da. Es gibt zwei Schlafzimmer, ein kleines mit Ehebett, in dem Shiva wohnt und ein größeres mit zwei Betten, wo ich für das erste alleine wohne bis die Spanierin kommt. Ich habe einen großen Schrank, einen Schreibtisch, einen Stuhl, eine Klimaanlage und einen großen Spiegel mit Ablage. Außerdem habe ich einen wunderbaren Ausblick ins Tal durch Fenster in meinem Zimmer, der nur gestört wird durch das Fliegengitter und das Sicherheitsgitter der Terrasse. In meinem Zimmer ist Parkett, der Rest der Wohnung ist gefliest.
Wir wohnen im Zentrum des Dorfes, Post, Supermarkt, Café und Kneipe, sowie Büros und die Bank sind direkt nebenan bzw. gegenüber. Das Internet in der Wohnung funktioniert noch nicht, aber dafür kann man im Café gegenüber „Linari“ kostenlos WLAN nutzen. Wir haben einen Fernseher, der noch nicht funktioniert, weil er alt ist und das zyprische Fernsehen auf HD umgestellt wurde. Im Wohnzimmer sind zwei große Couches und zwei Sessel und noch ein Schreibtisch, sowie zwei Heizkörper.
In der Küche ist auch alles nötige da: Kühlschrank, Frappé-Maschine, Mikrowelle, Wasserkocher, Toaster, uralter Herd, Waschmaschine, Tisch und Stühle.
Das Bad ist auch ok, obwohl ein bisschen Schimmel an der Decke ist. Das kommt wahrscheinlich daher, dass im Winter selten gelüftet wird, weil es sonst sehr kalt wird im Bad und dort keine Heizung ist, und auch wenig Platz für eine mobile. Aber es gibt eine Badewanne.
Erst mal habe ich versucht, das Internet einzurichten, es gibt hier so einen Stick, aber das funktioniert irgendwie nicht. Danach habe ich mich ein bisschen frisch gemacht und dann sind wir zusammen ins Jugendzentrum gegangen. Dort haben wir dann für erste alle älteren Mitglieder des Vereins kennengelernt, mit denen wir zu tun haben werden: Eva, Alexis, Andreas, und den Rest habe ich schon vergessen. =) Dort haben wir dann alle ein bisschen was über uns erzählt und Eva und Alexis haben eine Liste gemacht, was noch für uns zu tun ist, oder womit wir die Nachmittage verbringen könnten. Wir haben auch schon geklärt, dass Shiva und ich kein ganzes Jahr bleiben können, wegen der Organisation des Studiums, Wohnung etc. Da sind wir auf vollstes Verständnis gestoßen, die beiden Mädchen letztes Jahr haben das auch so gemacht. Nächste Woche gibt es schon mal einen Jugendaustausch, an dem wir teilnehmen sollen. Was wirklich angenehm ist, ist dass die Bewohner des Dorfes alle sehr nett und hilfsbereit sind, ohne schmierig oder gekünstelt zu wirken. Abends ging’s mir dann wieder doof, weil das Internet nicht ging und ich mich ein bisschen verloren gefühlt habe. Das habe ich dann zuhause verdrängt durch Taschenauspacken und Zimmer wohnlich machen. Dann bin ich irgendwann gegen zwei Uhr ins Bett gegangen, nachdem ich mein Käsereisebrot aufgegessen hatte. Zum Bett: Wie in vielen Ländern, gibt es auch hier keine Bettwäsche in dem Sinne, wie wir sie kennen. Die Bettdecke ist im Prinzip, dasselbe wir ein Laken, also nur ein Tuch. Drüber liegt dann meist noch eine Tagesdecke, die Kissen sind relativ klein und mein Bett fühlt sich an, naja, eben Metallfedern, aber irgendwie ist es doch ganz gemütlich. Gut geschlafen habe ich nicht, weil ich ein bisschen gefroren habe, obwohl das Fenster zu war. Ich hatte zwar noch eine Wolldecke über das Laken gelegt, aber das hat nicht gereicht. Heute werde ich wohl noch den Überwurf dazu nehmen, mal gucken, ob das wärmer ist. Vielleicht werde ich mir auch, wenn ich mal in die Stadt gehe, noch einen langen Schlafanzug kaufe oder wenigstens eine lange Leggins zu Schlafen.
03.10.2011 – „D’you know where all that spots and pickles come from?“
Heute bin ich 9:00 Uhr aufgestanden, habe geduscht, Frühstück habe ich ausgelassen, da ich keinen Hunger hatte. Zuerst sind wir in Andreas Büro gegangen, er hat mir dann noch einen Reiseführer und mein Infokit gegeben, ebenso eine Sim-Karte für Zypern. Shiva und ich haben dann einen kleinen Spaziergang gemacht, bis der nächste Betreuer für uns Zeit hatte. Vor einem Haus haben wir dann in der Sonne Halt gemacht, da kam aus den Sträuchern eine kleine schwarz-weiße Katze, die ein bisschen Zuneigung haben wollte.
Das war natürlich kein Problem für mich, habe ich ihr also gegeben. Zufällig standen wir genau unter dem Haus von Eva, die dann raus kam und mit uns einen kleinen Rundgang durch das Dorf machte. Zuerst sind wir zu dem Gebäude gegangen, in dem Kindergarten und Altersheim untergebracht sind. Dort haben wir Hallo gesagt und uns alles angeschaut, dann sind wir weiter zum Sportcenter gegangen. Das Center ist wirklich ein richtig großes Center mit Schwimmbad, Fitnessgeräten und Basketballhall, sowie Konferenzraum und noch ein paar anderen Hallen. Wahrscheinlich werde ich für die Schwimmhalle eine Dauerkarte bekommen. Danach sind wir zur Süßigkeitenmanufaktur gegangen. Dort konnten wir uns auch alles anschauen und die Besitzerin, die übrigens eine Kandidatin für Zyperns „Business Woman oft the year“ war, hat uns erklärt, was alles hergestellt wird und hat sogar einige Wörter Deutsch zum besten gegeben, wie „Wassermelone“ oder „Quitten“. Im Laden durften wir dann noch einiges probieren. Was es dort gibt, ist echt erstaunlich: Marmeladen aus Wassermelonen, Möhren, Rosen, Beeren, Weintrauben, Quitten, Orangen, Äpfel und viel mehr. Davon gibt es auch Gelees und trocknere Stücke. Es gibt 6 Honigsorten, die alle sehr speziell und wie alles andere auch aus biologischem Anbau sind. Eine besondere Spezialität sind Ketten aus Mandeln oder Walnüssen, die mi t einem Mus aus Trauben in mehreren Schichten überzogen werden. Als nächstes sind wir zum Rosengeschäft gegangen und habe eine kleine Führung mit Erläuterungen und Vorführungen bekommen. In Agros werden die Damaszener-Rosen angebaut, nicht nur auf großen Feldern sondern auch privat, von Familien. Die Rosen müssen sehr früh gepflückt, noch bevor die pralle Sonne auf sie scheint. Dann werden sie eingekocht, so wie man das in „Das Parfum“ sehen kann. Produziert werden Cremes, Gesichtswasser, Augenserum, Bodylotion, Wein, Likör (schmeckt echt lecker), Kerzen und noch viel mehr. Als der Besitzer uns dann den Laden gezeigt hat, hat er uns dreien jeweils eine Flasche mit dem Gesichtswasser gegeben und mir hat er gesagt (weil gefühlt einziges Wesen mit Pickeln in Agros), ich solle das jetzt mal einen Monat lang kontinuierlich verwenden und jeden Tag ein Foto von mir machen, und dass das alles dann viel besser würde.
Merkwürdig, aber charmant. Man soll mindestens zweimal am Tag das Gesicht und Dekolleté mit einem Stück Watte, beträufelt mit dem Rosenwasser abreiben. Ansonsten soll kein Wasser an die Haut, beim Duschen auch einfach nur drüber laufen lassen und bloß nicht reiben oder irgendetwas anderes benutzen und nicht rumschrubbeln. Ich werde das jetzt einfachmal ausprobieren. Mal gucken ob’s wirkt. Er hat uns auch eingeladen mal drei Tage lang bei ihm zu arbeiten, damit wir das auch mal selber machen können, also Rosen pflücken, Kerzen gießen und so. Danach haben wir uns auf den Rückweg gemacht und sind dann noch am Altersheim vorbei, um das Mittagessen mitzunehmen: Kartoffeln mit Bohnen, Äpfel und Sesamweißbrot.
Vor dem Essen sind wir dann noch mit Andreas in den Minimarkt gegangen, um zu kaufen, was noch im Haushalt fehlt: ein paar Bügel, Watte (für das Gesichtswasser), Milch (schmeckt auch gut), Joghurt, Spülmittel, Feuerzeug, Klebestreifen (für meine Bilder), Gewürze etc. Dann gab’s Essen und 3 Stunden Schlaf. Abends kamen dann noch zwei von den Betreuern, haben uns gezeigt, wie die Klimaanlagen funktionieren, nach dem Fernseher geschaut , versucht mein Internet zum Laufen zu bringen und erklärt, dass bevor man duscht oder so, mind. 10 Minuten vorher sowas wie einen Boiler anstellen muss. Nachdem das Internet immer noch funktioniert hat, wollte ich in das Café gegenüber, das kostenlos WLAN anbietet, aber es hatte noch geschlossen. Da habe ich dann erst mal meine Fotos an die Wand geklebt.
So gegen 22:00 Uhr hatte das Café dann geöffnet, und nachdem ein paar freundliche männliche Gäste eine Stromverbindung hergestellt hatten und die Internetverbindung problemlos hergestellt war, konnte ich das erste Mal richtig Kontakt nach Deutschland aufnehmen, Natürlich ist skypen im Café blöd, weil natürlich die Gefahr des plötzlichen Losheulens größer ist und naja, Privatsphäre wäre da angenehm, aber was soll’s. Dafür habe ich dann gegen 24:00, als Zapfenstreich war, meine Sprite umsonst gekriegt, sozusagen die Willkommenssprite. Es ist wirklich schön, dass die Leute hier alle so nett und hilfsbereit sind, und auch aufmerksam. Zum Beispiel, als ich mich an den Tisch im Café gesetzt hatte, der am nächsten am Stromanschluss war, schloss der „Kellner“ die Terassentür neben mir und meinte, das würde sonst bestimmt zu kalt für mich, weil ich doch nur Flip-Flops trüge. Nett, nicht?
Wieder zuhause, habe ich dann diese unglaublichen fast 3 ½ Seiten Text verfasst bis 2:00 und dann musste ich wirklich mal schlafen. Das Wetter ist übrigens nicht so klasse. Frühs ist es zwar warm und sonnig, aber ab mittags 11:00 Uhr ist es bewölkt mit einzelnen Sonnenstrahlen. Es sind vllt. 19 bis 25 Grad. Der nette Mann aus dem Café, der mir die Sprite ausgegeben hat, meinte, dass das sonst nicht so wäre, sondern dass es normalerweise bis November eigentlich noch sommerlich warm ist mit viel Sonnenschein.
Mir ging es auch so, dass ich im Zug auf der Reise erst mal 3 Seiten Text verfasst habe und bis ich dann endlich am nächsten Tag in Reichweite eines Internetanschlusses gekommen bin, hatte ich 4 1/2.
AntwortenLöschenDie Leute hören sich echt sehr nett an. Und du hast ja schon viel von deiner Stadt/ deinem Ort gesehen.
Viele Grüße!